In der Diskussion um Strompreiszonen und Nodal Pricing taucht immer wieder das Argument auf, dass ein Nodal Pricing System bzw. mehrere Strompreiszonen weniger liquide seien als die heutige einzelne Strompreiszone in Deutschland. In diesem Blogpost möchte ich erläutern, warum aus meiner Sicht für den Spotmarkt sogar das Gegenteil der Fall ist und der Strommarkt liquider wäre. Dies liegt insbesondere daran, dass mehr internationaler Stromhandel möglich wäre.

Märkte bestehen klassischerweise aus Erzeugern, Verbrauchern und Intermediären. Beispielhaft sind bei Gemüse die Erzeuger die Bauern, die Verbraucher die Konsumenten welche das Gemüse essen, und die Intermediäre sind Supermärkte, Großhandel, Wochenmärkte, etc.

Im Strommarkt zählen zu den Erzeugern fossile Kraftwerke, Windkraftanlagen, Solaranlagen oder auch Biogasanlagen von Bauern. Die Verbraucher sind alle die Strom verbrauchen, zum Beispiel irgendwo eine Lampe leuchten lassen oder ein anderes elektrisches Gerät wie ein Smartphone betreiben. Die Intermediäre auf der finanziellen Seite sind die Stromhändler, Strombörsen und Stromanbieter, während dies auf der physischen Seite die Netzbetreiber (Übertragungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber) sind.

Private Verbraucher beziehen ihren Strom von Stromanbietern und bleiben üblicherweise für Zeiträume länger als ein Jahr bei einem Stromanbieter. Diese Stromanbieter, die den benötigten Strom nicht unbedingt selbst erzeugen, sondern stattdessen selbst nur einkaufen, und auch größere Stromverbraucher kaufen ihren benötigten Strom zumindest teilweise auf den Spotmärkten am Tag davor und innerhalb des Tages. Dabei können die Preise in jeder Stunde unterschiedlich sein.

Die Käufer möchten ihren Strom so günstig wie möglich kaufen, während die Verkäufer ihren Strom so teuer wie möglich verkaufen möchten. Dabei ermöglicht das Stromnetz, den Bedarf an einer Stelle im Netz, mit dem Angebot an einer anderen Stelle im Netz zu vereinigen. Dieses Netz kann dabei jedoch nicht beliebig viel Strom transportieren. Ähnlich wie ein einfaches Kabel im Haushalt oder in Elektronikprojekten, kann nur eine bestimmte Leistung übertragen werden. Wird dennoch mehr übertragen, fliegt entweder die Sicherung raus, oder im schlimmeren Fall “schmilzt” das Kabel. Das Netz unterliegt also gewissen Randbedingungen.

Aus regulatorischer Perspektive stellt sich die Frage, wie ein möglichst liquider Stromhandel ermöglicht wird, wodurch Strom für Erzeuger möglichst teuer verkauft werden kann und für Verbraucher möglichst günstig eingekauft werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Käufer aus möglichst vielen Verkäufern den günstigsten auswählen können bzw Verkäufer aus möglichst vielen Käufern den auswählen können welcher am teuersten einkaufen möchte.

In der Praxis wird die Auswahl der teuersten bzw. günstigsten Gegenseite im Spotmarkt durch eine Strombörse erledigt, die dies automatisch über ein Orderbook erledigt. Dabei zahlen übrigens alle den gleichen Preis (pay-as-clear), nicht ihren gebotenen Preis (pay-as-bid).

In Europa wird aktuell der Strompreis in Zonen bestimmt, wobei zunächst innerhalb einer Zone potenzielle Käufer und Verkäufer zusammenfinden. Danach wird im Market Coupling Verfahren zwischen den Zonen gehandelt, bis Leitungen bei ihrer maximalen Last ankommen oder alternativ nicht genug Redundanz zur Verfügung steht.

Dabei kann jedoch nicht beliebig gehandelt werden. Angenommen die Leitungen von Norddeutschland nach Süddeutschland sind bereits komplett ausgelastet, die Leitungen von Süddeutschland nach Österreich jedoch fast ungenutzt. In Norddeutschland wird noch Strom für 100€/MWh angeboten, in Süddeutschland für 200€/MWh angeboten und in Österreich für 300€/MWh nachgefragt (in diesem Beispiel nehmen wir mal an es wird sonst nichts angeboten oder nachgefragt). In einem Nodalen Preissystem könnte Strom von Süddeutschland nach Österreich verkauft werden, denn hier sind die Leitungen ja noch frei. In einem Zonalen Preissystem wäre dies nicht möglich, da erst der Strom aus Norddeutschland innerhalb der Einheitspreiszone Deutschland/Luxemburg verkauft werden müsste, da dieser am günstigsten ist und die Preise sonst innerhalb Deutschlands unterschiedlich wären. Dies ist jedoch physisch nicht möglich, da die Leitungen innerhalb von Deutschlands ja bereits ausgelastet sind. Daher kann kein Strom nach Österreich verkauft werden, obwohl dies physisch eigentlich möglich wäre. Würde jedoch der Strom aus Süddeutschland nach Österreich verkauft, wie es physisch ja möglich ist und auch wirtschaftlich sinnvoll wäre, dann wäre der (bid) Strompreis in Süddeutschland in dieser Stunde 200€/MWh und der (bid) Strompreis in Norddeutschland 100€/MWh, also unterschiedlich. Genau dies wäre bei mehreren Strompreiszonen der Fall, der Stromhandel wäre also liquider als mit einer einzigen Preiszone (da mehr mögliche (ver-)käufer), und das obwohl bzw. gerade weil es weniger Akteure innerhalb einer Zone gibt. Bei Nodalen Preisen würde dies auf die Spitze getrieben werden, und es könnte so viel Strom verkauft bzw gekauft werden wie das Netz nicht überlastet wird bzw. noch ausreichend Redundanz vorhanden ist.

Zusammenfassend gäbe es im Spotmarkt mit mehreren Strompreiszonen oder sogar Nodalen Preisen also mehr Liquidität, da das Stromnetz besser ausgenutzt würde als wenn es nur eine Strompreiszone gibt.

Nachtrag: Hier habe ich mal eine Link-Sammlung zu Nodal-Pricing erstellt.